Schriftstellerin:

Als Schriftstellerin war sie eine von mehreren tausend des 19. Jhdts. 1825 wurden etwa 500 gezählt, Ende des Jahrhunderts waren es - weit überproportional zur Gesamtbevölkerung angestiegen - über 5000 (Helmut Kiesel “Geschichte der lit. Moderne", S. 86, C.H. Beck-Verlag). Die Frauen fanden durch das Schreiben Fremd- und Selbstbestätigung sowie Honorar. Demzufolge hatten sie auch entsprechend hohen Anteil an der enormen Roman- und Novellenproduktion ab dem 2. Drittel des 19. Jhdts. Zwischen 1835 und 1839 stieg die Anzahl der deutschen Literaturzeitschriften ganz erheblich an, der allgemeinen Produktion folgend oder diese herausfordernd (s. "Estermann").

 

Im wesentlichen handelt es sich bei den Werken von K. Zitz um beliebige, auf breiten Publikums- und Zeitgeschmack zugeschnittene Konfektionsware, vergleichbar mit der heutigen anspruchslosen Trivialliteratur, nach wiederkehrendem Muster gestrickt (zur neueren Trivialliteratur s. J. Messerli in: Beobachter 19/96, Vvf02). In der „Allgemeinen Deutschen Biographie“ ist ihr bei der Stoffwahl vielschreiberische Skrupellosigkeit bescheinigt, so daß ihrem Wirken kein Wert mehr beigemessen wurde (ADB, Fränkel zu K. Zitz, S. 377 oben). Arno Schmidt hat sie in der kleinen Erzählung “Tina oder über die Unsterblichkeit" sagen lassen, daß “schon 90 Prozent meiner Romane als Makulatur weg sind" (Fischer-Verlag, 1966, 21 Seiten, S. 19).Neuere Kritik vergleicht Kathinka Zitz mit der öfter unfreiwillig komischen Friederike Kemper, dem „Schlesischen Schwan“(Schramm in „Mainzer Almanach“ 1970/71, S. 119).

 Aus literarischen Gründen hätte es der Reanimation ihres vergessenen Werkes beim Aufkeimen der neuen deutschen Frauenbewegung im letzten Drittel des 20. Jhdts. nicht bedurft. Die von vielen Schriftstellerinnen und ganz besonders von ihr gepflegte Literatur über Menschen von Stand und feinem Gefühl ( Fränkel in ADB S. 373 unten), mit hehren Ansprüchen und edler Gesinnung überladen, hatte sich bereits im Vormärz überlebt. Ein Rezensent merkte bei Vorlage zweier neuer Frauenromane anderer Autorinnen in Anspielung auf einen Titel hiervon an: “„Erste Gesellschaft" im Jahr 1847 verheißt wenig Gutes. An aristokrätelndem Frauentheerotwelsch haben wir Überfluß in der Literatur" („Mainzer Unterhaltungsblätter“ Nr. 244 vom 13. 9. 1847) Auf längere Sicht versuchte sie deshalb die Bedürfnisse des Bildungsbürgertums mit mehrbändigen Werken in Romanform und Phantasiedialogen über herausragende Persönlichkeiten (z. B. Goethe) zu befriedigen - ohne Erfolg (Goedeke: „Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung", Bd. 17, S. 1837 f).

 

Bei der mit demokratischen Versatzstücken versehenen Sammlung „Donner und Blitz" von 9/1850 ward der Titel in Mainz geläufige Redensart für flache Belletristik (Fränkel in ADB, S. 377 oben). Die Texte entsprechen dem gewohnten Muster, es begegnen die bekannten Inhalte, hinterlegt mit aktueller Folie. Eine der Zeitströmung entnommene demokratische Referenzfigur macht aber noch kein demokratisches Werk. Die unter ihren sehr zahlreichen Gedichten erst spät in der Öffentlichkeit auftauchenden wenigen Reime mit demokratischem Zungenschlag sind allein für sich bzw. lange nach den angesprochenen Ereignissen ohne Aussagekraft. Ihr Roman „Horix" von 1858/1859 mit Staffagen aus der Mainzer Klubistenzeit 1792 ist gefühliger Schicksalsroman nach üblichem Schema mit ausufernden Dialogen, aber ohne nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der politischen Problematik.. Aktuell wäre von einem historisch angetünchten Unterhaltungsroman zu sprechen. Er folgte einem bereits lange vorher in schwieriger Zeit (1847) zu den Klubisten erschienenen, noch heute  benutzten Werk eines anderen Autoren (s. Ausstellungskatalog "Belagerung v. Mainz", Landesmuseum Mainz 1995 S. 360,  im übrigen zu „Demokratin und...“).

 

Mehrere Auffassungen zur Literatur der K. Zitz referierend (s. ADB S. 377) kommt Fränkel zu dem Ergebnis, daß sie viel Fabrikware und Engrosarbeit geliefert hat (ebenso Keim in „Mainzer Vierteljahreshefte“ v. 81, Heft 4, S.114) und an ihr ein vielseitiges Talent verloren gegangen sei. Von Literatur mit bleibendem Wert spricht er nicht (s. ADB S. 378 oben).

 

"Herbstrosen in Poesie und Prosa", von ihr selbst als eines der wichtigsten Werke gesehen (s. NL in LB Wi. Nr.116), hat durch die nachzuweisenden Rezensionen keine besondere Anerkennung erfahren. Während in den "Jahreszeiten II" ( in der "Kritischen Revue.." 1846, S. 93) von subjektiver Überlastigkeit die Rede "...und in vielen Aussprüchen auch nicht die geringste Spur eines höheren oder eigentümlichen Urteils zu finden ist", wird in der "Abendzeitung" geschrieben (1846, Nr. 22, S. 523): "(Ihre)  Lyrik...ist ein einfaches, anspruchsloses Linnengewebe, dessen Garn durch manche Träne benetzt sein mag...andererseits hat edles, weibliches Gefühl...(das Tuch) zu einer glänzenden, schönen Weiße ausgebleicht...Dagegen ist der prosaische Teil nur ein Trockenplatz für alte, mit frischer Wortseife neu aufgewaschene Gedankenwäsche. Der Schlußaufsatz "Das Weib in den Grenzen seiner Bestimmung" ist eine wohlgemeinte, vernünftige, schwesterliche Mahnung" (Quelle Goedeke, Bd. 17 zu K. Zitz).

 

Ihre immense Produktion, dem jeweiligen Zeitgeschmack folgend, war bereits bei ihrem Tod und erst recht danach ohne Nachfrage (s. „Mainzer Nachrichten“ Nr. 1 v. 1893)(Keim in „Mainzer Vierteljahreshefte“, JG. 1, Heft 4). Sie war schon zu Lebzeiten vergessen. Außer den kargen Personaldaten der standesamtlichen Todesmeldung (Auszug aus dem Standesregister der Stadt Mainz lt. „Mainzer Journal“ Nr. 58/77 v. 10.3 1877, Gestorbene v. 8. 3. 1877: Katharina Theresia Halein, 75 Jahre, Ehefrau von Dr. Franz Zitz, Privatmann) sind weder in den Mainzer Zeitungen noch der von ihr als Veröffentlichungsorgan geschätzten Didiskalia und auch ansonsten keine Todesanzeigen oder Nachrufe feststellbar. Bei der Nachwelt fand sie bis zur politisch akzentuierten Wiederbelebung im letzten Drittel des 20. Jhdts. lediglich als Denunziantin der „Narrhalla“ öffentliches Interesse. Für heutige Leser kann  die eine oder andere Schilderung lokalen Brauchtums wie z. B. die "Verlobung auf der Decke  des Rheineises" nützlich sein (in "Letzte Rheinsandkörner" v. 1854).

 

Nach den vorliegenden Verzeichnissen hat sie unzählige, reimsichere Gedichte und eine Menge Fortsetzungsromane - teils bis zu 40 Folgen - produziert, vorzugsweise veröffentlicht in Unterhaltungs-, Mode- und Literaturblättern (s. Goedeke, Grundriß Geschichte Deutscher Dichtung, Bd. 17 zu K. Zitz). Hinzu viele Erzählungen, drei Sammelbände vorwiegend mit Lyrik und andere Werke (s. Anhang) sowie Jugendliteratur und Verhaltensregeln für Kinder, meist in Versen (s. Goedeke wie oben). Demokratische Anklänge oder gar Agitation sind im Vormärz in ihren Texten nicht zu finden.

 

Daß die bemerkten Qualitätsmängel auf Produktionszwang aus finanzieller Not zurückzuführen seien (s. O. Bock „Kathinka Zitz-Halein“, Igel Verlag), unterschlägt wie manches andere die regelmäßigen Zuwendungen von F. Zitz, die ihren Unterhalt spätestens ab 1840 mehr als ausreichend absicherten. Diese Gelder überstiegen den allgemeinen Einkommensdurchschnitt deutlich (s. auch unten zu „Vorkämpferin...“).

 

Fazit:

Die Qualität ihrer Werke steht in keinem Verhältnis zur Quantität. Vielstrophige Reimfähigkeit allein - auch bei Karnevalisten zu finden - qualifiziert noch keine Lyrik.  Wenn Literatur über K. Zitz aus ideologischen/historischen Gründen gelesen werden mag, so doch - vielleicht bis auf das eine oder andere Gedicht - nichts von ihr. Themen und Stil ihrer seriellen Produktionen waren dem zeitaktuellen Zielpublikum zur Unterhaltung und Erbauung zugedacht, spätere Leser sind damit nicht zu erreichen. Sie war wie tausende ihrer Zeit Gebrauchsschriftstellerin ohne weitergehende Qualitätsstandards. Jede Zeit bedient die Nachfrage nach trivialer Kost gemäß den herrschenden Moden – damals wie heute, wenn Autoren von Serienromanen ihre Schreibleistung übertreffen.  Insofern war K. Zitz typische Vertreterin ihrer Zeit.

Ihre Dichtungen sind lebenslang geprägt von den Wirrungen um edle und empfindsame Seelen, an der unzulänglichen groben Welt und eigenen, unerwiderten Gefühlen leidend - im Entsagen mit verwundetem Herzen großmütig verzeihend. Das war ihr Stil - und nicht erst seit Franz Zitz. Bereits von 1831 sind melancholische, weltschmerzende und herzleidende Verse bekannt (z. B. in "Hessische Blätter" v. 1831), dürften ähnlich aber noch früher verfaßt worden sein. So hat sie ihre persönlichen Befindlichkeiten ausgebreitet, bis zum Grabstein als überdauernde Botschaft ihres Selbstbildnisses.